FAIRMED vor Ort: Martin, warum hast du dir zu deinem runden Geburtstagsfest keine Geschenke, sondern Spenden zugunsten der FAIRMED-Gesundheitsprojekte gewünscht?
Martin Bärtschi: Ich habe beobachtet, dass bei den runden Geburtstagen in meinem Freundeskreis die Jubilierenden ausdrücklich gesagt haben, sie möchten keine Geschenke mit dem Argument, dass sie ja schon alles hätten. Und trotzdem sind die meisten Gäste nicht mit leeren Händen gekommen.
Es scheint den Menschen ein Bedürfnis zu sein, etwas zu schenken, wenn sie eingeladen werden.
Ja, das vermute ich. Deshalb bin ich auf die Idee gekommen, meinen geladenen Gästen vorzuschlagen, etwas für einen guten Zweck zu spenden. Das ist gleich doppelt gut, weil es sie glücklich macht, wenn sie etwas schenken dürfen, und sie sich noch besser fühlen, wenn es für eine gute Sache ist!
Vielen herzlichen Dank für diese Idee und dafür, dass du mit deiner Geburtstags-Spendensammlung die Gesundheitsversorgung für benachteiligte Menschen unterstützt! Wie bist du denn ausgerechnet auf FAIRMED gekommen?
Der Leiter Programmbereich von FAIRMED, Fabio Molinari, ist ein guter Freund, den ich schätze und von dem ich weiss, dass er ein kompetenter, verantwortungsbewusster und erfahrener Profi in der Entwicklungszusammenarbeit ist. Ich kann das übrigens auch beurteilen, weil ich mit ihm durch Indien gereist bin. (lacht)
Schön, dass du durch deinen Freundeskreis zu uns gestossen bist! Was denkst du über die Art und Weise, wie FAIRMED wirkt?
Mir gefällt an FAIRMED, dass die Organisation in der Schweiz überschaubar klein ist und der Grossteil der Mitarbeitenden in den Ländern vor Ort arbeitet. Es ist viel erfolgsversprechender, wenn zum Beispiel afrikanische Fachkräfte zusammen mit der afrikanischen Dorfbevölkerung ein Projekt entwickeln, als wenn Schweizer Mitarbeitende ihre perfektionistischen Schweizer Massstäbe denselben afrikanischen Dorfbewohnenden aufzudrücken versuchen. Ausserdem bewirkt ein Schweizer Franken in einem Schwellenland viel mehr als bei uns.
Danke für diesen Werbespot. Du selber engagierst dich ja als Chemiker und Umweltingenieur dafür, dass wir in der Schweiz auch in hundert Jahren noch gutes und gesundes Wasser trinken können. Unterstützt du deshalb auch Organisationen, die sich weltweit für eine bessere Gesundheitsversorgung einsetzen?
Ich unterstütze Organisationen, die sich für den weltweiten Zugang zu gutem Trinkwasser engagieren, wie auch Organisationen, die sich für einen weltweiten Zugang zu einer guten Gesundheitsversorgung einsetzen. Beides ist leider immer noch nicht selbstverständlich und gehört zusammen. Es beschämt mich, dass die medizinische Forschung in die Hightech-Medizin investiert, die sich weltweit nur eine kleine, privilegierte Schicht leisten kann, während immer noch so viele benachteiligte und arme Menschen weltweit sich zum Beispiel mit Lepra anstecken, Verstümmelungen erleiden, Amputationen von Gliedmassen auf sich nehmen müssen, obwohl diese Krankheit einfach behandelbar wäre.
Das sehen wir auch so. Gibt es Dinge, die wir deiner Meinung nach besser machen könnten? Ich stelle fest, dass gewisse Non-Profit-Organisationen einen riesigen Werbeaufwand treiben, dass sie mir auf Plakaten, im Tram und in jeder Zeitung begegnen. Da frage ich mich jeweils, wie viel bei einem so grossen Werbe-Überbau dann tatsächlich noch dort ankommt, wo wirklich Unterstützung benötigt wird. Bei FAIRMED habe ich dieses Gefühl nicht. Mich dünkt, ihr kommt nicht so glamourös daher, weil ihr die Spendengelder in die Projekte und nicht in euren Werbeauftritt steckt.
Ja, wir versuchen tatsächlich, den Administrations- und Werbeaufwand so schlank wie möglich zu halten, damit der grösstmögliche Teil der Spenden in die Gesundheitsversorgung von benachteiligten Menschen in unseren Einsatzländern fliesst. Apropos fliessen: Du bist ja ein mit allen Wassern gewaschener Wasserexperte. Kannst du uns noch etwas erzählen aus deinem Berufsleben?
Gern. Ich arbeite als Trinkwasserspezialist beim schweizerischen Fachverband für Wasser, Gas und Wärme in einem sehr schönen Arbeitsumfeld. Es ist sinnstiftend, sich für gutes Trinkwasser einzusetzen, und die Stimmung in der Wasserversorgungsbranche ist weniger von Konkurrenzdenken geprägt als anderswo, weil die Wasserversorger keinen Gewinn erwirtschaften müssen. Sie können sich voll und ganz auf eine sichere Trinkwasserversorgung konzentrieren, da die Kosten von den Konsumierenden getragen werden. Das trägt zu einer guten und konstruktiven Stimmung unter den verschiedenen Versorgungsunternehmen bei. Alle helfen sich gegenseitig, tauschen sich aus und setzen sich gemeinsam für gutes Trinkwasser in der Schweiz ein.
Wie gut steht es denn um unser Trinkwasser?
Wir sind in der Schweiz privilegiert, was gutes Trinkwasser betrifft. Aber wir laufen auch Gefahr, das für selbstverständlich zu nehmen. Wir haben sehr lange Zeit schlecht gehaushaltet, wir haben Probleme mit Schadstoffen im Wasser, und wir bekommen zunehmend Probleme durch Veränderungen des Klimas, das Schmelzen der Gletscher, weniger Schnee im Winter und vermehrte Trockenheit im Sommer. Ich denke, beim Wasser ist es wie mit der Gesundheitsversorgung: Weil wir in der Schweiz eine so gute Wasser- und Gesundheitsversorgung gewohnt sind, vergessen wir erstens, dass das nicht selbstverständlich ist, und zweitens, dass es Millionen Menschen auf dieser Welt gibt, die keine Chance auf eine medizinische Versorgung und auf sauberes Trinkwasser haben.
Ja, und das eine – keinen Zugang zu sauberem Wasser zu haben – ist ja auch eng verknüpft mit einem zunehmendem Krankheitsrisiko. Darum spielt in den Gesundheitsprojekten von FAIRMED der Zugang zu sauberem Wasser auch immer eine Rolle. Wir möchten uns herzlich bedanken für deine Spendensammlung zugunsten einer medizinischen Versorgung von vernachlässigten Menschen und wir wünschen dir alles Gute zum runden Geburtstag! Wie fühlt es sich für dich an, 50 zu werden?
Ich finde, es fühlt sich gut an! Ich stelle fest, dass das persönliche Wohlbefinden im zunehmenden Alter viel wichtiger wird als äussere Faktoren wie Karriere und Wohlstand, die uns in jüngeren Jahren vielleicht noch etwas erstrebenswerter schienen. Ich will nicht mehr Dinge, sondern schöne Momente sammeln. So verbringe ich gern Zeit zusammen mit den Menschen, die mir wichtig sind, in der Natur, beim Velofahren, Ski- und Snowboardfahren oder Zelten.