September 2024

Wenn Tradition zum Risiko wird

Rund 65 Prozent der Frauen im nepalesischen Sindhupalchowk vertrauen auf die Tradition der Hausgeburt. Sie gebären ihre Kinder ohne medizinische Betreuung und unter schwierigen hygienischen Umständen, entsprechend hoch ist die Mütter- und Kindersterblichkeit. FAIRMED bildet deshalb lokale Gesundheitsfachpersonen wie Gaynu Lama in allen Fragen rund um die Geburt aus und weiter. Mit welchem Ansatz sie es schafft, die Frauen von einer Geburt in einem Gesundheitszentrum zu überzeugen, lesen Sie hier.

Gaynu Lama aus dem Dorf Giranchok verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Arbeit als Gesundheitsfachperson. Früher lagen die Dörfer in den abgelegenen Gemeinden ihrer Heimat stundenlange Fussmärsche von der nächsten Gesundheitsstation entfernt. In den letzten Jahren wurden diese jedoch vermehrt durch Strassen erschlossen. Ausserdem sorgt FAIRMED mit der Regierung vor Ort dafür, dass in den abgelegenen Gebieten neue Gesundheits- und Geburtszentren aufgebaut und mit dem nötigen medizinischen Equipment ausgestattet werden.

Damit allein kann die Mutter-Kind-Gesundheit jedoch nicht nachhaltig verbessert werden. Dies weiss auch Gaynu Lama aus erster Hand: «Lange Zeit habe ich die Entfernung zur nächsten Geburtsklinik für die Existenz der Hausgeburten hauptverantwortlich gemacht. Ich war mir der kulturellen Praxis bewusst, die damit verbunden war, aber nicht des Ausmasses. Als der Strassenbau begann, war ich hoffnungsvoll, und als die Strassen gebaut wurden, fing ich wieder an, über medizinisch begleitete Geburten zu sprechen, aber die Menschen hörten nicht zu.»

Zitat

«Keine Mutter möchte ihr Kind in Gefahr bringen.»

Gaynu brauchte eine unterstützende Stimme, und FAIRMED diente als genau diese. Das Projektteam in Sindhupalchowk bildetet Gynu Lama in allen Fragen rund um die Geburt aus und weiter. Dies half ihr, den Frauen bessere Informationen über die Gesundheit von Müttern und Neugeborenen zur Verfügung zu stellen. Zusammen mit den FAIRMED-Gesundheitshelfenden reiste sie in das Dorf Giranchok und führte Workshops und Treffen mit Müttergruppen durch, um über die Vorteile von vor- und nachgeburtlichen Untersuchungen und institutionellen Entbindungen sowie über die Risiken einer Hausgeburt zu sprechen.

«Keine Mutter möchte ihre Kinder in Gefahr bringen. Nach den ersten Treffen wurde mir klar, dass es nicht helfen würde, über Vorteile zu sprechen, also änderte ich die Strategie und sprach mehr über die Risiken einer Geburt zu Hause. Das brachte die Frauen dazu, sich anzuhören, was ich zu sagen hatte.» Und dies mit durchschlagendem Erfolg: In den ersten Monaten waren es die Schwangeren der jüngeren Generation, die sich für eine Entbindung in der Geburtsklinik entschieden. Danach sprachen sie über die Einrichtungen, ihre Erfahrungen während der Geburt und die finanziellen Vorteile. So bauten sie die Vorurteile gegenüber Spitälern und Ärzten innerhalb ihrer Gemeinschaften immer mehr ab. Dies führte dazu, dass sich immer mehr Gemeindemitglieder für eine Geburt in der Klinik interessierten und die Zahl der Hausgeburten drastisch abgenommen hat.

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