September 2023

Anzouo – Frauenpower für die Baka

Die junge Baka-Frau Anzouo engagiert sich seit drei Jahren als Counterpart für ihre Gemeinschaft. Ihr Steckenpferd sind die Gesundheit von Müttern und Kindern sowie die Frauenförderung.

«Bevor ich bei FAIRMED zur Counterpart ausgebildet worden bin, war ich schüchtern. Jetzt kann ich zu einer ganzen Dorfgemeinschaft sprechen, ohne aufgeregt zu sein.» Anzouo Solange ist eine indigene Baka, 26 Jahre alt, als Vollwaise bei einer Bantu*-Familie aufgewachsen und inzwischen alleinerziehende Mutter eines fünfjährigen Mädchens. Anzouo hat es dank ihrem starken Willen geschafft, einen Schulabschluss der ersten Stufe zu erreichen, was für eine Baka noch immer keine Selbstverständlichkeit ist. Seit drei Jahren arbeitet Anzouo für FAIRMED als Counterpart für die gefährdeten indigenen Baka mit dem Ziel, deren Zugang zu Gesundheit zu verbessern.

Sonntag ist der beste Arbeitstag

Wir begleiten Anzouo zur Arbeit in das Dorf Mballam, das 25 Kilometer von Abong-Mbang im Südosten Kameruns liegt. Der frühe Sonntagmorgen noch einigermassen kühl, das Laub an den Bäumen vertrocknet und staubig, die Strasse mit so tiefen Löchern, dass wir mit dem Auto nur in Zeitlupe vorwärtskommen. Wir sehen Frauen mit ihren Babys auf dem Rücken, die auf dem Weg zum Gottesdienst sind. «Die meisten sind heute zu Hause», erklärt uns Anzouo. «Unter der Woche ist es nicht leicht, sie zu finden, weil sie pflügen, fischen und jagen.»

* Die Ethnie der Bantu, die auf dem Land leben, ist häufig verarmt.

Warum nicht zu Hause gebären?

«Moungoulou» nennen die Baka die winzigen Blätterhütten, in denen sie wohnen, in ihrer Sprache. Einige Frauen schälen Kochbananen in ihren Moungoulous, die meisten Dorfbewohnenden haben sich zusammen mit Anzouo zwischen den Moungoulous versammelt. Kinder hüpfen herum, die Männer und Frauen sitzen auf Baumstämmen. «Modjokoue!», in der Baka-Sprache «Guten Tag», ruft Anzouo, «Modjokoue!», rufen die Dorfbewohnenden zurück. Anzouo erklärt ihnen in der Baka-Sprache, warum es wichtig ist, in der Schwangerschaft Voruntersuchungen in Anspruch zu nehmen und für die Geburt ein Gesundheitszentrum aufzusuchen. Die Kinder hängen an Anzouos Lippen, als ob diese ihnen ein Orakel verkünden würde. Die jungen Mütter, ihre Babys im Arm, stellen Fragen, die Anzouo entschlossen und voll positiver Energie beantwortet.

Zitat

«Moungoulou» nennen die Baka die winzigen Blätterhütten, in denen sie wohnen.

Mehr als 1000 neue Baka-Frauen registriert

Anzouo fasst uns das Gespräch anschliessend zusammen: «Ich habe den Dorfbewohnenden erklärt, warum es für die Senkung der Mütter- und Kindersterblichkeit so wichtig ist, dass sie medizinische Hilfe in Anspruch nehmen – nicht nur, damit Mütter und Kinder gesünder sind und weniger riskieren, bei der Geburt zu sterben, sondern auch, damit wir die Geburten überhaupt registrieren können! Ohne Geburtszertifikat bekommen die Neugeborenen keinen Personalausweis, haben damit keine Aussicht auf eine höhere Bildung und keine Möglichkeit, sich auszuweisen im Land. Das Geburtszertifikat ist das Ticket, um in Kamerun Teil der Gesellschaft zu sein!», schliesst Anzouo. «Woran siehst du, dass deine Arbeit als Counterpart Früchte trägt?», wollen wir von Anzouo wissen. «Ich bin zufrieden mit den Baka-Gemeinschaften, die ich betreue: Sie haben Vertrauen zu mir und folgen meinen Ratschlägen. Mehr als 1000 neue Baka-Frauen wurden in den Gesundheitszentren der Region für Vorgeburtsuntersuchungen registriert, zu diesem Erfolg habe ich mit meiner Arbeit auch beigetragen.»

Frauen sind das Fundament der Entwicklung

Die Diskriminierung der Baka als unterste Bevölkerungsschicht in Kamerun ist längst noch nicht beseitigt. Anzouo hat sie am eigenen Leib erfahren. «Wir wurden behandelt wie Sklaven, hatten meistens nicht einmal einen Personalausweis, das heisst: Juristisch existierten wir vor dem Staat gar nicht und hatte darum auch keine Rechte. Das hat sich dank FAIRMEDs Unterstützung zum Besseren gewendet. Nun ist mein wichtigstes Ziel, auch die Baka-Frauen zu ermutigen, in ihren Dorfgemeinschaften mitzureden und mitzuentscheiden. Nach der FAIRMED-Schulung über geschlechtergerechte Führung habe ich die Baka-Frauenorganisation namens ASFEMBAK* gegründet. Frauen sind das Fundament der Entwicklung. Sie in meinem Dorf und allen anderen Baka-Dörfern zu mobilisieren, um unsere Kräfte zu bündeln, erfüllt mich mit Stolz.»

*Association des Femmes Baka

Damit Baka-Kinder ein Geburtszertifikat bekommen, das sie zu einem Personalausweis berechtigt, muss ihre Geburt registriert werden. Nur mit einem Personalausweis dürfen sie zur Schule gehen, können im Land reisen und erhalten die gleichen Rechte vor dem kamerunischen Staat wie die anderen Bevölkerungsgruppen.

6'821

Baka-Kinder wurden seit 2019 medizinisch begleitet geboren und erhielten ein Geburtszertifikat.

Niemand darf an einer heilbaren Krankheit leiden oder sterben

Mou FerdinandLandesverantwortlicher Kamerun

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